Wenn der gebürtige Jenaer auf Reisen ist und ein Hotel betritt, dann ist das für ihn noch immer ein ganz besonderer Moment: „Sofort gehen bei mir bestimmte Knöpfe an und ich nehme Details wahr, die anderen Reisenden wahrscheinlich gar nicht auffallen würden.“ Das Hotelfach sei bei ihm noch immer tief verankert, erzählt der 42-Jährige, „und ich bin dankbar für alles, was ich dort lernen durfte – auch, wenn es nicht immer einfach war.“
Optimale Basis für das Co-Management
Das Hotel- und Gastgewerbe hat offenbar etwas. Es fasziniert, formt und fordert, und es scheint eine optimale Basis für eine Karriere im Co-Management zu sein. Nicht wenige Assistenzen können auf eine „Hotel-Vergangenheit“ verweisen und wechseln irgendwann den Beruf, meist, weil die anspruchsvollen Arbeitszeiten nicht immer gut mit den eigenen Lebensplänen vereinbar sind.
So war es auch bei Robert Richard Karsch. Zwölf Jahre lang hat er nach der Ausbildung an der Hotelfachschule Leipzig in seinem Beruf gearbeitet, etwa in einem Hotel mit mehr als tausend Zimmern – „unglaublich, was ich dort alles erlebt habe.“ Doch irgendwann änderten sich seine Prioritäten, er wünschte sich geregeltere Arbeitszeiten, „und da reifte mein Entschluss, ein anderes berufliches Umfeld zu suchen.“ Er setzte sich an den Rechner und fing an, im Internet zu recherchieren. „Ich kann doch nur Hotel, dachte ich damals und wollte erst einmal sondieren, wo meine Fähigkeiten wohl sonst noch gefragt sein könnten.“ Ein Headhunter brachte ihn schließlich „auf die Assistenzschiene“ und bewies damit offenbar ein gutes Gespür.
Seit 11 Jahren ist das Assistenz-Umfeld nun sein Metier, was nicht unbedingt weniger Arbeit bedeute, aber: „Ich habe in meinem jetzigen Beruf Freiheiten, die ich in einem Hotelumfeld nicht hätte.“ Und damit meint der Executive Assistant Manager nicht etwa nur die Arbeitszeiten, sondern vor allem seine Aufgabe im Management-Support. Partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe, in einem Klima des Vertrauens und gegenseitigen Respekts, ist dem Assistenten heute wichtiger denn je.
„Dr. Marco Holst und ich arbeiten seit vier Jahren zusammen, vorher schon bei einem anderen Unternehmen, seit Anfang 2023 bei EppsteinFOILS. Gleich beim ersten Vorstellungsgespräch hatten wir beide den Eindruck, dass wir harmonieren und unsere Vorstellungen gut zusammenpassen. Wir waren schnell ein eingespieltes Team.“ Robert Karsch ist der engste Mitarbeiter des Geschäftsführers, „seine rechte Hand“, den Begriff scheut der Assistent nicht. „Ich unterstütze ihn bei allen seinen Aufgaben, immer da, wo es gerade nötig ist. Bei Bedarf lagert er bestimmte Aufgaben komplett zu mir aus, das bestimmt meinen Tagesablauf.“
Wichtig: Veränderungen und Bewährtes
Nachdem die EppsteinFOILS GmbH ein Mitgliedsunternehmen des schwedischen Aktienunternehmens Storskogen geworden ist, geht es im Office von Dr. Marco Holst und Robert Karsch vor allem um die Auswirkungen der neuen Unternehmenskonstellation. „Neben den üblichen Aktualisierungen von Abläufen gibt es momentan viele Vorgaben und interne Richtlinien vom Konzern, dem wir angehören. Dazu bin ich auch viel mit dem Beirat im Austausch.“
Das Traditionsunternehmen für Folien sei immer schon mit der Zeit gegangen, erzählt Robert Karsch, der sich mit der 172-jährigen Firmengeschichte intensiv befasst hat. „Doch mit der neuen Firmierung und dem neuen Geschäftsführer, der seit Anfang 2022 dabei ist, erlebt das Unternehmen gerade einen Kulturwandel.“ Dass das eine Herausforderung für alle ist, liegt nahe. Entsprechend sensibel und zugleich konstruktiv sollte der Prozess begleitet werden, sagt Robert Karsch. Mit seinem Chef arbeitet er daran, Neues überzeugend an die Mitarbeitenden heranzutragen und zugleich ihren reichen Erfahrungsschatz zu bewahren und in neue Strukturen zu überführen.
Zu dem Kulturwandel kommt bei EppsteinFOILS ein demografischer Wandel hinzu. „Wir haben sehr viele Kollegen, die schon sehr lange bei uns arbeiten. Nächstes Jahr feiert beispielsweise der erste Mitarbeiter der Unternehmensgeschichte sein 50-jähriges Dienstjubiläum.“ Die Mitarbeiterbindung an das mittelständische Unternehmen, zugleich größter Arbeitgeber in dem kleinen Ort Eppstein, sei sehr gut, durch den rentenbedingten Personalwechsel komme nun aber auch frischer Wind in die Firma. „Das alles ist nicht immer einfach, bringt aber viel Freude, wenn man merkt, dass auch langjährige Mitarbeiter mitziehen. Und ich finde es klasse, dass unsere derzeit knapp 100 Mitarbeiter aus 18 Ländern kommen und wir 13 Nationalitäten im Haus haben.“
Für die IT-Abteilung ist er ein wichtiger Ansprechpartner, „in diesem Jahr haben wir beispielsweise ein Intranet als wichtigstes Kommunikationsmedium und erste Anlaufstelle für alle Mitarbeitenden implementiert.“ Und auch mit der Personalabteilung steht er ständig in Verbindung, „da bin ich beispielsweise mit in das Thema Onboarding involviert. Es hat sich ja doch eine Menge geändert in den letzten Jahren.“
Agile Tagesabläufe mit kleiner Bedingung
„Mein Chef und ich stecken oft die Köpfe zusammen und beraten uns über organisatorische, operative und strategische Fragen“, beschreibt Robert Karsch einen wichtigen Teil seines Tagesablaufs. Agiles Management bestimmt die jeweilige Arbeitsweise, aber auch die Zusammenarbeit von Chef und Assistent. Das gilt auch für den Arbeitsort: „Die Vorgabe unseres Geschäftsführers lautet: Hauptsache, die Aufgaben sind zur geforderten Zeit erledigt und nichts und niemand fällt hinten runter. Den Rest können wir flexibel planen.“ Da ist sie also, die Freiheit, die Robert Karsch im Hotelgewerbe so wohl nicht gehabt hätte: „Ich gestalte meine Arbeitstage so, wie es einerseits für mich gut passt, andererseits der Agenda des Unternehmens dienlich ist.“ Nur bei einer Frage ist er ungern zu Ausnahmen bereit: „Bitte nicht vor neun Uhr, außer es brennt“, sagt er mit einem Schmunzeln.
Die Selbstständigkeit beim Erledigen der Aufgaben ist dem 42-Jährigen wichtig. „Ich brauche niemanden, der mir jeden Schritt vorschreibt. Wenn ich keinen Spielraum für eigene Entscheidungen habe, fühle ich mich nicht wirklich sinnstiftend in meinem Beruf.“ Das erfordert allerdings auch ein Gefühl für Notwendigkeiten, was ist jetzt gerade wichtig, was kann später erledigt werden, was ist für den Hinterkopf … Robert Karsch hat in der Zusammenarbeit mit seinem Chef ein gutes Gespür dafür entwickelt.
„Wenn er von unterwegs anruft, dann muss man immer bereit sein, von jetzt auf gleich auf eine neue gedankliche Reise zu gehen. Dr. Holst hat viele tolle Visionen und bindet sein Team hier immer mit ein. Ich muss aber auch unterscheiden können, ist das jetzt eine Gedankenreise oder ein direkter Auftrag. Er geht sehr schnell und agil mit seinen Themen um.“ Sein Patentrezept? „Ganz einfach“, sagt er, „Kommunikation ist eigentlich immer der Schlüssel.“ Nachfragen, Wichtiges auf den Punkt bringen, Feedback geben, aber auch Feedback annehmen können: „Wir hinterfragen uns in unserer Zusammenarbeit auch immer wieder kritisch, und meine Meinung zu Entscheidungen wird durchaus gehört.“
Unbedingt: gegenseitiger Respekt
Dass Jobzufriedenheit nicht ausschließlich etwas mit Vorwärtskommen zu tun hat, oder mit großen Namen, ist dem gelernten Hotelfachmann im Laufe seiner 24-jährigen Berufskarriere bewusst geworden. Einige Unternehmenswechsel haben ihm deutlich gemacht, worauf es am meisten ankommt: „Auf die Person, mit der ich zusammenarbeite, und auf die gemeinsame Wellenlänge. Das ist mir über die Jahre wesentlich wichtiger geworden.“ Gegenseitiger Respekt gehöre unbedingt dazu, allerdings müsse man seine eigene Position auch deutlich machen. „Für mich ist beispielsweise wichtig, im Urlaub ganz und gar abschalten zu können. Das Firmen-Handy bleibt deshalb in dieser Zeit stumm. Diesen Respekt für meine Bedürfnisse schätze ich. Und wenn es wirklich einmal ‚brennt‘, dann kommunizieren wir auch in dieser Zeit, aber eben nur dann.“
In den beruflichen Netzwerken, in denen der Assistent sich engagiert, IMA und ANiD, höre er immer noch überraschend oft von „hakeligen“, also angespannten Arbeitsverhältnissen zwischen Vorgesetzten und ihren Assistenzkräften – „das macht mich traurig, und ich bin sehr froh, dass das bei mir nicht so ist.“ Es habe sich wohl doch noch nicht so ganz herumgesprochen, dass Assistenz deutlich mehr kann als Auftragsabwicklung und Zuarbeit: „Wenn da kein Vertrauen ist und Führung hauptsächlich über Micromanagement funktioniert, dann denke ich immer, wie schade, der Chef weiß wahrscheinlich gar nicht, was ihm alles entgeht.“ Für ihn sei die Erkenntnis, worauf es im Berufsleben tatsächlich ankomme, ein regelrechter Game Changer gewesen: „Wenn die Chemie stimmt, dann möchte ich auch lange dort arbeiten.“