Ob es wohl immer noch so ist, dass kleine Jungs zur Feuerwehr wollen, wenn man sie nach ihrem Berufswunsch fragt? Jedenfalls überrascht es, wenn das eine Frau von sich erzählt. Der Office-Star Brigitte Herz hatte genau diesen Traum: „Die Feuerwehr hat mich immer schon fasziniert, da wollte ich hin.“
Wenn die gebürtige Münchnerin etwas nicht mag, ist es Stillstand, Langeweile. Bei den Männern unter der Nummer 112 vermutete sie das genaue Gegenteil: „Von einer Minute auf die andere kann etwas passieren und alle müssen agieren. Ich wusste schon als Kind, bei der Feuerwehr, da rührt sich was.“
Sie hat es geschafft, noch dazu an einen Arbeitsplatz, wo genau das, die Einsätze der Feuerwehr, Thema Nr. 1 ist. Seit Februar 2018 arbeitet Brigitte Herz als Teamassistentin für das Presseteam der Berufsfeuerwehr München. Was sich alles rührt, in einer Großstadt mit 1,54 Millionen Einwohnern, das wollen vor allem die Medienvertreter ganz genau wissen. Kaum ist irgendwo in der Stadt ein größeres Martinshorn-Konzert zu hören, klingelt in der Presseabteilung auch schon das Telefon: „Was ist da los?“
Presseanfragen rund um die Uhr
In der Hauptfeuerwache, mitten am Münchner Altstadtring, hat Brigitte Herz ein Büro mit sensationellem Blick auf die Frauenkirche. Gerade erst ist die Presseabteilung ein Stockwerk hochgewandert in dem Baudenkmal aus dem Jahr 1904. Um Pressesprecher Klaus Heimlich herum sorgt ein 16-köpfiges Team für immer neue Nachrichten, und zwar rund um die Uhr.Hauptaufgabe der Teamassistentin ist die Unterstützung dieses Teams:
Schicksale berühren einfach immer
Um sieben Uhr startet Brigitte Herz im Büro: „Da ist es noch relativ ruhig und falls die Kollegen bei Einsätzen sind, ist es wichtig, dass die Pressestelle besetzt ist.“ Halb neun gibt es täglich eine Teambesprechung, bei der die aktuellen Aufgaben besprochen werden. Brigitte Herz ist fürs ganze Team zuständig, dazu übernimmt sie Spezialaufgaben für die Leitung.
Die anfängliche Arbeitszeit von 24 Stunden hat die Team-Assistentin auf 30 Stunden aufgestockt, der Freitag bleibt weiterhin frei. Das lässt genügend Zeit für Entspannung von einer Woche, die vollgepackt ist mit Office-Routine und vielen nicht vorhersehbaren Ereignissen. Action allein ist es jedoch nicht, was die Mutter zweier Kinder, heute längst erwachsen, so erfüllt. Das Helfen, oft sogar das Retten aus großer Not ist etwas, was ein ganz besonderes Klima schaffe im Team, sagt sie, „das spürt man und das nordet ein“.
Sie mag „ihre Männer“, die oft genug schlimme Schicksale miterleben, wie kürzlich, als ein elfjähriger Junge von einem Lkw tödlich überrollt wurde. „Die waren so schnell zurück vom Einsatz, da wurde uns hier schon ganz bang“, und tatsächlich wurde die schlimme Ahnung zur traurigen Gewissheit. „Es ist nicht mehr so wie früher, dass die hier mit allem allein klarkommen müssen“, erklärt Brigitte Herz den Strukturwandel auch bei Institutionen wie der Feuerwehr: „Für Unfallopfer, Angehörige oder auch Passanten gibt es Kriseninterventionsteams, kurz KIT. Aber auch unsere Einsatzkräfte werden psychologisch unterstützt, vor allem bei traumatischen Ereignissen.“ Dann wird es mit einem Mal ganz still in den Fluren in der Hauptfeuerwache, in denen tatsächlich noch eine Rutschstange durch die Stockwerke ragt, für blitzschnelle Starts zu einem nächsten Einsatz …
Als Frau allein unter Männern
Dass die Kollegen alles Männer sind, ist für Brigitte Herz kein Problem. „Hier geht es auch schon mal etwas rauer zu“, sagt sie, „aber das gilt eher untereinander, mir gegenüber erlebe ich die Kollegen sehr respektvoll“. Spaß ist bei der Zusammenarbeit immer dabei. „Das ist für unsere Arbeit auch besonders wichtig“, sagt die Teamassistentin, „Humor ist ein gutes Ventil für Stress“. Schließlich müssen die Feuerwehrmänner in jeder Minute bereit sein, Hochleistung abzuliefern, körperlich, mental – und immer mit dem Risiko, selber Schaden zu nehmen.
„Ich möchte dem Team eine echte Stütze sein“, sagt Brigitte Herz, und wenn man ihren Chef Klaus Heimlich befragt, scheint sie das bestens hinzukriegen. Er habe hohe Ansprüche an sein Team, meint der sportliche 57-Jährige, der bei der Münchner Feuerwehr mit einer Ausbildung begann und bis heute dabei geblieben ist, mittlerweile als Brandamtsrat und Pressesprecher.
Von einer Teamassistentin erwarte er neben Teamfähigkeit natürlich Organisationstalent, Zuverlässigkeit, Selbstständigkeit, Verantwortungsbewusstsein und Engagement, „aber zum Beispiel auch Innovationsfähigkeit“. Brigitte Herz erfülle das alles. Und dann ist da offenbar noch etwas, was die Kollegin mit in den Job gebracht hat, erzählt der Brandamtsrat: „Kürzlich hatten wir Besuch von einem Feuerwehrkommandanten aus Südafrika. Nachdem ich ihm erklärt hatte, was Frau Herz hier macht, setzte er ein breites Lächeln auf und meint nur: „Ah, she‘s the Boss“. Ich finde, das trifft es zu einem guten Teil und ich möchte nicht mehr auf ihre Mitarbeit hier in der Pressestelle verzichten.“
Raus aus der persönlichen Krise
Sicher hat dieses Standing auch mit der jahrelangen Berufserfahrung an unterschiedlichsten Arbeitsstellen zu tun. Fast fünfzehn Jahre lang war die gelernte Industriekauffrau in Vollzeit als Sekretärin, Chefsekretärin und Sachbearbeiterin tätig, dann kamen die zwei Kinder, und auch während der Erziehungszeit hat sie nicht lange pausiert. Zehn Jahre in einer Buchhandlung waren eine schöne Teilzeit-Aufgabe, sagt sie. Und trotzdem bahnte sich mit Mitte Vierzig eine Lebenskrise an: „Das klassische Loch, in das man fällt, wenn die Kinder aus dem Haus gehen und man ins Grübeln kommt, ob das jetzt schon alles gewesen sei.“
Ihr eigenes Kriseninterventionsprogramm bestand aus beruflicher Weiterqualifikation, vom Vorbereitungskurs für den beruflichen Wiedereinstieg bis hin zum Crash-Kurs Sekretariat. Sie arbeitete dann zunächst als Sachbearbeiterin, dann als Kundenberaterin in einem Modegeschäft. 2015 wurde sie Teamassistentin beim Stadtjugendamt München.
Und sie hatte den Mut, sich in ganz anderen Bereichen „auszuprobieren“
Sie modelte als Best-Ager-Model, und bestärkte ihren Mann darin, sich einen Lebenstraum zu erfüllen, ein Motorrad. Seitdem ist sie als „Sozia“ oft mit ihm unterwegs. Dass sich schließlich noch ihr Jugendtraum vom Job bei der Feuerwehr erfüllt hat, vermittelt ihr ein Gefühl von Angekommensein: „Ich freu mich jeden Tag auf meine Aufgabe hier. Ich glaube, so wie es jetzt ist, so soll es sein.“
Die Feuerwache 1 in der Münchener Altstadt ist auch Sitz der Dienststellenleitung. Hier sind das Büro der Dienststellenleitung (inklusive Pressestelle) und drei der fünf Abteilungen der Branddirektion untergebracht.
In der großen Fahrzeughalle warten zwei Hilfeleistungslöschfahrzeuge, eine Drehleiter, drei Rettungsdienstfahrzeuge, drei Einsatzleitfahrzeuge und zwei Sonderfahrzeuge auf ihren Einsatz. Tag und Nacht müssen die Fahrzeuge nach 60 Sekunden zu den Toren raus sein, und das nicht nur in der Hauptwache, sondern auch an den neun weiteren Feuerwachen in München.
Die Hauptfeuerwache liegt von den Einsatzzahlen an erster Stelle bei den Münchner Feuerwachen, im Jahr rücken die 150 Männer und Frauen rund 11.000 Mal aus. Für ganz München sind bei der Berufsfeuerwehr München 2.050 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zuständig, davon 1.679 Feuerwehrmänner und -frauen. Das Einsatzgebiet umfasst ca. 310 Quadratkilometer der Stadt.