Fachwissen reicht oft nicht aus, um im Beruf zu bestehen. Zahlreiche Unternehmen erwarten, dass Bewerbende auch Einfallsreichtum, Kreativität und Schöpfergeist mitbringen. Doch Kreativität auf Knopfdruck gibt es nicht. Eine Faustregel für Geistesblitze existiert nicht. Den idealen Weg zu mehr kreativen Ideen kennt niemand. In Phasen des gehetzten, routinierten und effizienzgetriebenen Arbeitens sprießen jedenfalls nicht unbedingt neue Ideen.
Wir benötigen Muße und Tagträume, um auf neue Geistesblitze zu kommen. Das Ruhenetzwerk unseres Gehirns ist ein Zustand hoher Kreativität. Tagträume erleichtern kreatives Assoziieren und unterstützen uns, originelle Ideen zu entwickeln. Auf die Frage, wann die besten Ideen sprudeln, antworten viele: beim Duschen, beim Joggen und wenn wir einem Tagtraum nachhängen.
Druck und Stress behindern Kreativität
Stellen Sie sich einmal vor, Sie sitzen entspannt an Ihrem Schreibtisch oder auf der Couch und sollen innerhalb von drei Minuten etwas völlig Neues zu einem Thema finden. Das wird nicht funktionieren, denn es ist völlig unmöglich, unter Zeitdruck etwas Neues zu kreieren. Kreativität entsteht nicht im Auf-die-Plätze-fertig-los-Modus. Unter Druck scheint unser Ideenspeicher seine Schätze nicht preisgeben zu können. Stress steht der Kreativität häufig im Weg, wir fühlen uns bedrängt.
Die Amygdala im Gehirn springt bei negativen Emotionen an, das Stress-System des Körpers wird eingeschaltet und sorgt dafür, dass Cortisol in den Blutkreislauf gelangt. Dieses Hormon signalisiert: „Achtung, Gefahr droht!“ und versetzt den Organismus in einen Kampf- oder Fluchtzustand. Dass in dieser Situation der schöpferische Funke nicht zündet, ist nicht verwunderlich. Umgekehrt wird Kreativität gedrosselt, wenn wir etwa dreißig Minuten lang Geistesblitze entwickeln sollen. Kein Ideenfluss hält so lange an.
Wie wir im Alltag Ideen entwickeln
Um unseren Alltag zu bewältigen, greifen wir zurück auf Routine, Angewohnheiten und gelernte Abläufe. Das spart eine Menge Energie. Wenn wir gestresst sind, betätigen wir uns als mentale Wiederkäuer, wir wälzen immer wieder die gleichen Gedanken und können uns schwer auf etwas Neues einstellen. Sollten Ihnen einmal partout keine passenden Geistesblitze einfallen, hat es keinen Sinn, eine Lösung zu erzwingen. Arbeiten Sie an einer anderen Aufgabe oder machen Sie in der Mittagspause einen Spaziergang im Park.
Um die geistige Schaffenskraft in Schwung zu bringen, könnten auch sportliche Aktivitäten geeignet sein. Studien haben gezeigt, dass Laufen unserer Kreativität Beine macht. Geistesblitze und sprudelnde Ideen sind der wichtigste Faktor für ökonomischen Erfolg – das jedenfalls ist, so das Ergebnis einer IBM-Studie, die Einschätzung von tausendfünfhundert Firmenchefs aus sechzig Ländern. Neugier und Kreativität der Mitarbeitenden zu fördern, ist eine Führungsqualität, die eine richtungsweisende Grundlage für eine erfolgreiche Zukunft legt.
Kreativität lasst sich trainieren
Kreativität, also die Fähigkeit, Probleme durch schöpferische Ansätze zu lösen, ist in jedem Gehirn angelegt. Unsere Persönlichkeit ist das Ergebnis aus genetischer Veranlagung, vorgeburtlicher und frühkindlicher Prägung und die Summe unserer Erlebnisse und Erfahrungen. Es gibt keine Hinweise auf genetische Dispositionen für Kreativität. Der Neurobiologe Gerald Hüther definiert Kreativität als Fähigkeit, in dem vorhandenen Wissenspool plötzlich Lösungen zu finden, wie sich Dinge auf zuvor für unmöglich gehaltene Weise verbinden.
Damit dies gelingt, ist es notwendig, dem Gehirn freien Lauf zu lassen. Die Lust, Neues zu schaffen, kann sich nur entfalten, wenn sie nicht durch Normen und Richtlinien eingeschränkt ist. Die Meinung, Kreativität hat man oder eben nicht, ist falsch. Kreativität kann man lernen. Wollen wir etwas wissen, wird das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert. Und wenn wir etwas Neues gelernt haben, werden wir mit einem Glücksgefühl belohnt. Das wiederum hält jung! Sprudelnde Kreativität und geniale Ideen entstehen also nicht in einem Superhirn, sondern sind das Resultat einer gehirngerechten, für Neues offenen Grundhaltung inklusive einer gehörigen Portion Neugier.
1. Sie sind nicht kreativ?
Vergessen Sie es: Vergleichen Sie sich mit sich selbst statt mit anderen, stattdessen blicken Sie auf Ihre eigenen Lernkurven. Machen Sie kleine Übungen: Kochen Sie sich eine Mahlzeit mit von Ihnen zusammengestellten Zutaten. Fehlt eine Zutat? Dann überlegen Sie sich eine Alternative. Sie wollen eine Präsentation vorführen? Die Technik spielt nicht mit. Überlegen Sie, wie Sie Ihre Kernbotschaften anders präsentieren können.
2. Denkmuster überwinden
Überprüfen Sie eingefahrene Denkmuster und arbeiten Sie bewusst dagegen. In welchen Situationen reagieren Sie immer wieder „automatisch“, welche Handlungen passen nicht mehr in die Zeit?
3. Wenn-dann-Regeln hinterfragen
Wenn etwas Bestimmtes passiert, dann reagiere ich immer gleich. Hinterfragen Sie diese Reaktionen und andern Sie sie, wenn es sinnvoll erscheint.
4. Kreativität braucht Ruhe
Versuchen Sie nicht, unter Druck in hektischen Momenten und mal „zwischendurch“ etwas Neues auszuprobieren oder kreativ zu sein.
5. Interesse an anderen zeigen
Fragen Sie Menschen in Ihrer Umgebung, was sie tun. Drücken Sie Interesse an der Person aus. Verzichten Sie darauf, den Eindruck zu erwecken, dass Sie Schnüffler sind, vermeiden Sie geschlossene Fragen. Halten Sie Blickkontakt.
6. Geistesblitze entstehen einfach so
Geistesblitze kann man nicht erzwingen, das Gehirn benötigt hierfür das Ruhenetzwerk. Aktivieren Sie Ihr Ruhenetzwerk, indem Sie nichts tun, in Tagträumen aufgehen und Ihre Gedanken fliegen lassen.