Bei der Gewalfreien Kommunikation (GFK) handelt es sich um eine kommunikative Methode, die von Marshall B. Rosenberg entwickelt wurde. Ihr Ziel ist es, Menschen zu befähigen, auf eine respektvolle und einfühlsame Weise miteinander zu kommunizieren, um Konflikte zu lösen und Verbindungen zu stärken. GFK wird oft in verschiedenen Kontexten, einschließlich Leadership-Seminaren, als wirksames Werkzeug für die Verbesserung der zwischenmenschlichen Kommunikation eingesetzt.
Die vier Grundlagen der Gewaltfreien Kommunikation
1. Beobachtung:
Beschreiben Sie objektiv das, was Sie wahrnehmen, ohne dabei zu bewerten. Vielleicht stellen Sie sich die Szene, die Sie beschäftigt und wütend macht, als Stummfilm vor. Was sehen Sie? Vermeiden Sie Interpretationen und Urteile. Das Ziel ist, eine klare und neutrale Beobachtung zu formulieren.
Beispiel: Falls die Kaffeeküche mal wieder nicht aufgeräumt wurde, beschreiben Sie die Szene so: Auf der Spüle stapelt sich das Geschirr. Auf der Anrichte haben sich Kuchenbrösel angesammelt. Die Spülmaschine ist voll und muss ausgeräumt werden.
2. Gefühl:
Teilen Sie Ihre eigenen Gefühle mit, die durch die Beobachtung ausgelöst werden. Seien Sie dabei ehrlich und identifizieren Sie konkrete Emotionen. Dies hilft, eine subjektive Reaktion zu kommunizieren.
Beispiel: Ich habe das Gefühl, dass ich allein für die Spülmaschine verantwortlich bin. Wenn ich es nicht tue, kümmert sich niemand. Es fühlt sich an, als sei ich die Dumme, die immer die Küche schrubbt.
3. Bedürfnis:
Identifizieren Sie die Bedürfnisse, die durch die Beobachtung und die damit verbundenen Gefühle entstehen. Jeder hat grundlegende menschliche Bedürfnisse nach Sicherheit, Anerkennung, Autonomie usw. Das Erkennen dieser Bedürfnisse ermöglicht eine tiefere Verbindung.
Beispiel: Ich möchte eine saubere Küche, in der ich mir schnell einen Kaffee kochen kann. Ich wünsche mir, dass die Grundregel gilt: Jeder räumt seinen Kram sofort weg und wischt die Anrichte ab, sodass die Küche ordentlich bleibt.
4. Bitte:
Artikulieren Sie klare, positive Handlungsaufforderungen, die darauf abzielen, die Bedürfnisse zu erfüllen. Vermeiden Sie dabei Forderungen oder Anschuldigungen. Stellen Sie sicher, dass Ihre Bitten konkret und machbar sind.
Beispiel: Ich wünsche mir, dass reihum jeder einmal die Küche aufräumt. Lass uns einen wöchentlichen Küchendienst einführen. Eine saubere Küche macht einfach mehr Spaß – für alle.
GFK im Team-Meeting
Beobachtung: „Ich habe bemerkt, dass Kollege X in den letzten Team-Meetings öfter unterbrochen wurde und nicht ausreden konnte.“
Gefühl: „Das macht mir Sorgen.“
Bedürfnis: „Ich habe das Bedürfnis nach einem respektvollen und kooperativen Arbeitsumfeld für alle Team-Mitglieder.“
Bitte: „Könnten wir gemeinsam überlegen, wie wir sicherstellen können, dass jeder im Team die Möglichkeit hat, seine Gedanken ohne Unterbrechungen auszudrücken?“
Wer sich die Zeit nimmt, Streitpunkte im Alltag, die Sie regelmäßig triggern, genau zu sezieren, wird seine kommunikativen Fähigkeiten stärken und damit viele Probleme lösen. Denn GFK betont die Bedeutung der Selbstreflexion und Empathie für andere. Durch diese Methode können Konflikte deeskaliert werden. Es ist eine effektive Kommunikationsstrategie, die darauf abzielt, Verbindungen zu stärken und gemeinsame Lösungen zu finden.
Wann GFK nicht funktioniert
Im beruflichen Kontext ist die Methode der Gewaltfreien Kommunikation nicht immer leicht durchzuführen, da in Unternehmen Hierarchien den Berufsalltag bestimmen. Das hat zur Folge, dass die Mitarbeitenden weniger offen über ihre wahren Gefühle und Bedürfnisse sprechen. Ein zweiter großer Kritikpunkt an der Theorie der GFK ist die Annahme, dass Konfliktlösung nur an der Kommunikation scheitere – denn nicht immer ist ein Kompromiss, der für beide in Ordnung ist, möglich. Selbst wenn alle Bedürfnisse und Gefühle des Gegenübers verständlich sind, kann die Meinungsverschiedenheit unlösbar sein. Zudem ist eine Voraussetzung der Gewaltfreien Kommunikation, dass beide Seiten auf die jeweils andere Person eingehen wollen. Es gibt aber Menschen, die keine Verantwortung übernehmen wollen oder nicht empathisch handeln. Hier stößt die GFK an ihre Grenzen.
Fazit: Die gewaltfreie Kommunikation bietet einen wertvollen Ansatz, um Konflikte zu lösen, zwischenmenschliche Beziehungen zu verbessern und eine empathische Kommunikationskultur zu fördern. Durch die Betonung von Gefühlen, Bedürfnissen und Empathie schafft sie eine Grundlage für tiefgreifende Verständigung und Zusammenarbeit. Allerdings erfordert die Umsetzung der Gewaltfreien Kommunikation Zeit, Übung und Engagement. Grundsätzlich ist es wichtig, sie als eine von vielen möglichen Kommunikationsansätzen zu betrachten und sie an die jeweiligen Situationen und Bedürfnisse anzupassen.
5 Dinge sollten Sie bei GFK beachten
1. Neu denken: Die Gewaltfreie Kommunikation ist komplex, da sie eine grundlegende Veränderung der Denkweise und des Sprachgebrauchs erfordert.
2. Zeit zum Üben nehmen: Es erfordert Zeit, um die Prinzipien und Methoden der Gewaltfreien Kommunikation zu erlernen und anzuwenden. Nur indem wir immer wieder üben, implementieren wir neue Kommunikationsmuster.
3. Emotional offen sein: Diese Methode erfordert, dass man sich mit eigenen Emotionen und Bedürfnissen auseinandersetzt. Das kann für manche Menschen emotional belastend sein und erfordert die Bereitschaft zur Selbstreflexion – und das fällt nicht allen Menschen leicht.
4. Nicht die einzig erfolgreiche Kommunikation: Es gibt Situationen, in denen eine direktere Kommunikationsweise möglicherweise effektiver ist. Die Gewaltfreie Kommunikation wird in manchen Kontexten als zu indirekt oder umständlich wahrgenommen.
5. An den kulturellen Kontext anpassen: In verschiedenen kulturellen Kontexten könnten die Prinzipien der Gewaltfreien Kommunikation unterschiedlich verstanden oder interpretiert werden, was zu Missverständnissen führen kann.